Mr. Mo Bing                                      IMPRESSUM

Wohl jeder, der die „harte" Arbeitswelt kennen gelernt hat, weiß mit dem Begriff „Mobbing" etwas anzufangen. Für die meisten ist es der Inbegriff von vorsätzlichen, zielgerichteten Boshaftigkeiten, z.B. mit dem Ziel, einen unsympathischen Kollegen aus einer Stellung, die der Aggressor vielleicht für sich beansprucht, zu vertreiben. Und meist scheint es auch, als sei die Rollenverteilung klar. Doch das stimmt nicht immer. Solche Art von systematischen Schikanen sind rechtwidrig. Diese Einsicht nützt jedoch leider wenig, denn oft ist Mobbing nicht so leicht zu erkennen, vor allem aber nicht rechtzeitig zu entlarven. Die Systematik entfaltet sich nämlich paradoxerweise manchmal sogar aus Sympathie heraus, und ist im Ursprung oft gar nicht böse gemeint (z.B. einen kahlköpfigen Kollegen jeden Morgen mit "Hallo Glatze, Kamm dabei?" zu begrüßen). Was wegen seines witzig gemeinten Hintergrundes nicht explizit moniert werden will - man möchte ja nicht als humorlos gelten - habituiert (d.h. es muss immer weiter intensiviert werden, um noch "anzukommen") und kann irgendwann zu einer heftigen Reaktion beim Opfer führen, die bei allen Beteiligten auf Unverständnis stößt, "weil er/sie ja sonst auch nichts gesagt hat". Und schon steht man selber als Mobbender da!! Natürlich ist die Schwelle, ab der man sich mit Spötteleien nicht mehr wohl fühlt, nicht bei allen Personen die gleiche. Ich denke, dass in verschiedenen Kulturen, und entsprechend aufgrund verschiedener Erziehungstraditionen, unterschiedliche Umgangsmodalitäten mit dem „Witzle machen" der anderen existieren, manche davon konstruktiver, andere weniger, abhängig von der ursprünglich-traditionellen Bedeutung, welche solche Bemerkungen hatten. Da diese Bedeutungsursprünge jedoch meist althergebrachte Wurzeln haben und nur selten einer Säkkularisierung unterliegen (meist nicht "mit der Zeit gehen"), verlieren sie oft ihren ursprünglichen Nutzen und werden nur lästig.

In Rumänien, wo ich geboren bin, ist es Sitte, andere für ihre Leistungen oft erst mal als Schleimer, Streber oder ähnliches zu betiteln. Deutsche haben sich nach meiner Erfahrung eine diplomatischere, distanziertere Vorgehensweise angeeignet, können aber, gerade unter Freunden, auch leicht die Kontrolle über ihre „kleinen Späßchen" verlieren. Amerikaner hingegen sind da viel vorsichtiger. Witzige Bemerkungen mit anzüglichem Charakter werden da prinzipiell vermieden, es gibt meist nur konstruktive Rückmeldung (die von Europäern gerne als „verstellte Freundlichkeit" missbilligt wird). Wenn dann mal jemand dennoch einen Witz auf Kosten des anderen macht, ist der immer gefolgt von dem Ausdruck „just teasing you" („ich veräppel’ dich bloß").

Laut dem Landesinstitut für Sozialforschung NRW leiden 5% der Beschäftigten in Deutschland unter Mobbing. Durch Mobbing in ihrer Leistungsfähigkeit eingeschränkt fühlen sich 27% der Arbeitnehmer, darunter auch Führungskräfte.

„Wenn jemand glaubt, gemobbt zu werden, dann wird er auch gemobbt".

Der Psychologe Oswald Neuberger hat mit diesem Satz die Berechtigung der Subjektivität im sich-gemobbt-fühlen voll erfasst. Lassen Sie sich also nicht zum Weichei abstempeln. Wenn sich wiederholende Foppereien gegen Ihre Person für Sie seelischen Schmerz bedeuten und Sie davon abhalten, sich an Ihrem Arbeitsplatz wohl zu fühlen, dann sind Sie dazu berechtigt, diesen Punkt anzusprechen. Am Besten Ihrem Vorgesetzten gegenüber. Und nach dem Prinzip „im Keim ersticken". Denn, glauben Sie mir, es kann nur schlimmer werden.

(Dieser Artikel ist in einer gekürzten Fassung als Leserbrief in der Zeitschrift MAXIM 05/2006 erschienen)

CK